Schlusenmeier & Die Dummbatzen

A Brief History of Rock'n'Roll Itself

 

    Es ist soweit: nach dreieinhalbjähriger Pause ist eine der wichtigsten und einflußreichsten Bands der Rockgeschichte wieder „on the road“: Schlusenmeier und die Dummbatzen zelebrieren ihr fünfzigjähriges Bühnenjubiläum – mit neuer Frische, alter Energie und einer gesunden Mischung aus Elementen der Moderne und der eigenen, beeindruckenden musikalischen Tradition.

Gegründet 1959 in Hamburg unter dem Namen „The Larrymen“ machte sich die Band schnell einen Namen als „the hottest band at Reeperbahn“ und schaffte es ins Vorprogramm vieler internationaler Größen. Schon damals wurden die Grundfesten einer dicken Freundschaft, von der alle Beteiligten noch profitieren sollten, gelegt, als ein gewisser Paul McCartney, damals noch Gitarrist (!) einer aufstrebenden Bands namens „The Beatles“, T.F. Schlusenmeier (*23.08.1940) für ein paar Konzerte als Ersatz für den in England zurückgelassenen Pete Best verpflichtete. „The Kraut can play!“ ist noch heute als Zitat aus dieser Zeit ein stehender Begriff. Des weiteren teilte man die Bühne auch mit den Rutles, mit denen man im Rat-Keller spielte, und mit den Thamesman, deren „All The Way Home“ von den Dummbatzen später gecovert wurde.

    Doch die wirkliche Erfolgsgeschichte der Dummbatzen beginnt erst zwei Jahre später, als im Jahr 1961 endlich der erste Plattenvertrag mit derr Decca unterzeichnet wird. Auf der ersten Single „Let Me Please Explain“ lässt der legendäre Produzent George Martin Luther King noch den unbekannten Sessionmusiker Jimmy Page die Rhythmusgitarre einspielen, weil ihm das Spiel von Gründungsmitglied und Leadsänger Larry „Russell“ Quinn (*23.08.1936,  +23.08.1980) nicht gefällt. Auch ist es Luthers Idee, den Namen letztendlich in „Schlusenmeier und die Dummbatzen“ zu ändern. Die nächsten fünf Jahre ist die Popwelt geprägt von den 21 Nummer 1-Singles der Dummbatzen, darunter Klassiker wie „(I Can’t Get No) Science Fiction“, „Please, Please, Please, Love Me, Do It“, „Your Generation“, und dem durchschlagenden Erfolg des ersten abendfüllenden Spielfilms über eine Popband, „Hard Days and Nights“, dessen Soundtrack-Album für dreizehn Wochen – damals Rekord! – die Pole Position der US-Charts in Beschlag hält. Doch mit dem Einstieg des Gitarristen Heini „Genius Of Love“ Horny (*23.08.1944) im Jahre 1966 beginnt sich die Musik der Band deutlich zu verändern. Weniger Pop, dafür mehr albumorientiertes, gereiftes Songwriting und vor allem die radikalen Experimente mit Sounds und Aufnahmetechniken sorgen dafür, daß die Band auch in der sich gerade entwickelnden Acid Rock-Szene ganz oben halten kann und weiterhin ein wichtiger Impulsgeber für die komplette Musikszene bleibt.

    Allerdings geraten zu dieser Zeit auch die ersten Mitglieder unter den Einfluss von harten Drogen und fremdländischen Philosophien. Larry Quinn verlässt schließlich 1968 die Band nach ihrem Auftritt beim ersten Isle Of Wight-Festival, um sich den Lehren Aleister Crowleys und einer Solokarriere zu widmen. Sein Solo-Debut „Just Me“ wird aus dem Stand zum Acid-Album des Jahres, und viele Fans sind sich sicher, daß die Karriere der Dummbatzen hiermit beendet ist.

    Doch nach rund einjähriger Pause präsentiert Bandkopf Tinnef sein  runderneuertes, einundzwanzigköpfiges Line-Up und einen packenden, neuen Stilmix, der Latinrhythmen und Jazzelemente integriert. Gitarrist Micha „Michel“ Michelsen (*23.08.1948) und Sänger Alf „Lord“ Herzkatheter (*23.08.1949) sind dabei die wichtigsten Neuzugänge, die bis heute noch an der Seite ihres Bandbosses auf der Bühne stehen und auf dem legendären Woodstock-Festival mit urgewaltiger Soulstimme und der bluesigen Interpretation des Beatles-Klassikers „Yellow Submarine“ für einen der denkwürdigsten Momente sorgen. Wenig später wird der Song zu einem weiteren Nummer 1-Hit für die Band.

    Die nächsten Alben, In The Court Of Schlusenmeier & die Dummbatzen“ (1969) und „Schlusenmeier & die Dummbatzen Im Rock“ (1970, mit provokantem Cross-Dressing-Cover) zeigen daraufhin eine wieder gesundgeschrumpfte Band im Spannungsfeld zwischen Klassik-, Progressive- und Heavy Rock, die keine Probleme hat, mit jeder neuen Veröffentlichung sowohl auf den Zeitgeist zu reagieren als auch weiterhin selbst neue Impulse und innovative Ideen zu liefern. Beide Alben gelten heute als stilprägend für gleich mehrere Genres der anspruchsvollen Rockmusik. Mit dem 1972er Album „Close To A Ledge“ präsentierte man sich schließlich reichlich esoterisch angehaucht und spaltete damit die Fangemeinde. Die Einen bejubelten die schiere Klasse der Musik, während nicht wenige sich die alten, rockigen Dummbatzen zurückwünschten.

     Für Letztere gibt es schon im Folgejahr Grund zum Jubel – und zur Trauer. Zunächst gibt es die Rückkehr von Larry Quinn zu vermelden, mit dem die Band 1973 auf die adäquat betitelte Tour mit dem Titel „The 1973 Tour“ geht und vornehmlich mit ihren alten Gassenhauern das Publikum begeistert. Leider quittiert Quinn während der 1974er Sessions im Streit erneut die Band, um sich für immer aus dem Musikgeschäft zurückzuziehen, ein Entschluss, den er bis 1975 nicht rückgangig machen wird. Nur Wochen nach dem Eklat wird er in Toronto wegen Drogenbesitzes festgenommen und verletzt dabei einen der Polizisten, worauf er in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen wird.

    Doch die Dummbatzen arbeiten in aller Ruhe an dem Album weiter. „Wish You Were A Beer“ handelt hauptsächlich von der tragischen Figur, die ihr Ex-Mitglied damals abgibt und dem gestörten Verhältnis, das Sänger Lord Herzkatheter zur Außenwelt zu haben beginnt. Der Titelsong, beinahe eine Solonummer von Lord, ist eine schonungslose Abrechnung mit dem Scheitern seiner siebten Ehe, und trotzdem (oder gerade deswegen?) wird die Single zur zweiunddreißigsten Nummer 1 der Band!

     Unter dem Namen „I Am A Golden God“ veröffentlichte er daraufhin ein Soloalbum, das allerdings kollosal floppte und nur in Liechtenstein Dreifach-Goldstatus (für sechzig verkaufte Exemplare) erreichte. Daraufhin ist der Weg für ein neues Dummbatzen-Album geebnet. „Never mind my Buttocks“ (1977) ist einmal mehr en mutiger Schritt nach vorne und in unbekanntes musikalisches Land. Unter der Regie von Heini Horny geht es diesmal in punkrockige Gefilde, was verhindert, daß die Band – wie viele ihrer Zeitgenossen – in die Dinosaurier-Schublade abgeschoben und sang- und klanglos vergessen wird.

    In den späten Siebzigern und frühen Achtzigern veröffentlicht die Band diverse Alben wie „Unplugged in the East“ (Live, 1978), „Heavy As Hell“ (1980) und „Nö Sleep Til Brixton Academy“ (Live, 1980), die vornehmlich in Heavy Metal-Genre, in dem die Dummbatzen als Urväter und Erfinder dieser Stilrichtung verehrt wurden, angesiedelt waren. Ein Run auf die alten Scheiben fand im Jahr 1980 statt, als Larry Quinn kurz nach Veröffentlichung seines Albums „Me And My Old Lady“ von einem enttäuschten Fan in New York erschossen wurde. Mit seinem Tod wurde Quinn endgültig zur Legende. Seine sterblichen Überreste wurden in Paris bestattet, wo sich noch heute zweimal jährlich an seinem Todestag Fans aus aller Welt versammeln, um „The Mighty Quinn“ zu gedenken.

    Erst 1983 reagierte die Band mit dem aggressiven, sehr persönlichen „Kill Us All“-Album auf den Tod des Ex-Mitgliedes. Es sollte allerdings auch das vorläufige Ende der Heavy Metal-Phase der Dummbatzen sein. Mit dem nächsten Album, dem Soundtrack zum Film „Purple Pain“ (1984), knackten die alten Herren mit leicht funkig angehauchtem, poppigen Sound auch die MTV-Generation. Alleine die zwölf Single-Auskoppelungen hätten gereicht, die Dummbatzen zur erfolgreichsten Band des Jahres zu machen, doch die 1984er Tour unter dem passenden Motto „The 1984 Tour“ tat ihr Übriges dazu, daß man in diesem Jahr an der Legende von der Reeperbahn nicht vorbeikam.

     In der Folgezeit ließ man es gemütlicher angehen und veröffentlichte lediglich zwei Alben, „Slippery And Wet“ (1986) und „Never Mind, No, Really“ (1992). 1995 schließlich verlässt überraschend der Ur-Bassist Eik „Ledernilpferd“ Acke (*23.08.1872) die Band, um die dreizehnjährige Ethel Hummperdinck, seine zweiundvierzigste Ehefrau, zu heiraten. Das Verhältnis ist bis heute freundschaftlich, und Eik veröffentlicht demnächst sein viertes Soloalbum „I’m So Old, I Get Cold“.

    1998 geht die Band auf Tour, um das Dreifach-CD-Box-Set, welches all ihre Nummer Eins-Singles bündelt, zu promoten. Doch ein neues Studioalbum wird erst im Jahr 2002 unter dem passenden Titel „The 2002 Album“ veröffentlicht. Es handelt sich hierbei um ein Konzeptalbum, daß sich vornehmlich mit den Ereignissen des 11.September 2001 beschäftigte (Schlusenmeier hatte seine Autoschlüssel verlegt, und obwohl ihm die ganze Band beim Suchen half, konnte er sie erst drei Stunden später wieder finden).

    Das nächste Album,“A Rush Of Blood To The Penis“, widmet die Band – ebenso wie die folgende Tour - ihrem langjährigen Freund, Playboy-Gründer Hugh Hefner, danach wird es wieder still um die Band. Bis im Jahre 2008 die ersten Gerüchte auftauchen, die Band sei wieder im Studio und arbeite an neuem Material. Für September 2009 soll dann das 44.Studioalbum der Band erscheinen, einen Vorgeschmack gab es schon mit dem Song „Still Not Dead Yet“ aus dem Soundtrack des Filmes „Schlusenmeier trifft die Zombiebräute“, in dem die Band auch auftrat, eine weitere Nummer Eins für eine Band, die in ihrer langen Karriere immer wieder provoziert, begeistert, schockiert, entzückt und gebohnert hat – und ein Ende ist noch nicht abzusehen.

 

            „Das hört genauso auf, wie’s angefangen hat, nämlich überhaupt nicht.“                        

                            (Zitat E. “Ledernilpferd“ Acke, 1995)